Deutsche Kinderhilfe ist entsetzt – sogenannte Kinderpornographie wird wieder zum Vergehen herabgestuft / Kabinett hat die entsprechende Gesetzesänderung heute gebilligt


7. Februar 2024

Mit Entsetzen haben wir die Deutsche Kinderhilfe- die ständige Kindervertretung e.V. die obige Entscheidung des Bundeskabinetts zur Kenntnis genommen. Nicht nachvollziehbar, denn die Richtlinie 2011/92/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 hat dezidiert festgestellt, dass es sich bei Delikten wie Kinderpornografie um schwere Straftaten handelt.

Dem hatte der deutsche Gesetzgeber erst im Jahr 2021 entsprochen und derartige Delikte zu einem Verbrechen und damit einem besonders schweren Rechtsbruch im deutschen Strafrecht, gemacht.

Hierzu passt in keiner Weise, wenn nun der Gesetzgeber die Tatbestände rund um die Kinderpornografie, die er in 2021 selbst noch als Verbrechen definiert hatte, heute wieder zu Vergehen, also minderschweren Straftaten „zurückdefinieren“ will. Darüber hinaus passt es auch deswegen nicht, weil es dabei tatsächlich weniger darum geht, sogenannte minder schwere Fälle angemessener bestrafen zu können und Verfahren bei geringer Schuld einstellen zu können, Hintergrund sollen hier gehäufte Fälle von minderjährigen Tatverdächtigen sein, die sich etwa über WhatsApp Nackt-bilder zugeschickt haben. Oder das immer wieder offiziell bemühte Beispiel von Eltern, die nach Entdeckung entsprechender Fotos ihrer Kinder, die Fotos angeblich zu Aufklärungszwecken an andere Eltern weitergeleitet und sich damit strafbar machten. Fakt ist allerdings, dass Bundesjustizminister Buschmann bis heute überhaupt keine Zahlen zum Beleg dieser Behauptungen vorlegen konnte. Ebenso nicht für die offizielle Darstellung, dass das vorhandene Personal durch die Vielzahl minder schwere Fälle überlastet wurde und wird. Bei einer derartig gewichtigen Maßnahme sollte es jedoch um Recht und Gerechtigkeit gehen und nicht um die Arbeitsökonomie bei den Ermittlungsbehörden und in den Gerichten, wie auch immer man sie zu erklären versucht.

„Hier hätte der Gesetzgeber auch auf andere Weise einwirken können und müssen, indem er den § 184b StGB um eine Regelung für klar umrissene minder schwere Fälle ergänzt hätte“ so der Ehrenvorsitzende der Deutschen Kinderhilfe – Die ständige Kindervertretung Rainer Becker,

So könnte man § 184 b StGB als Verbrechen belassen und „problematische Fälle“ durch sprachliche Nachjustierungen vorneherein herausfiltern.

Dies könnte z.B. aussehen wie im untenstehenden Alternativvorschlag ausgeführt.

Aus Sicht und nach langem Kampf der Deutschen Kinderhilfe – Die ständige Kindervertretung e.V. ist der sexuelle Missbrauch von Kindern gemäß § 176 StGB ist im Jahr 2021 zu Recht und nach-vollziehbar zu einem Verbrechen definiert worden. Eines scheint der zuständige Bundesjustizminister hier vergessen zu haben. So genannte Kinderpornografie basiert zu einem großen Teil auf dem sexuellen Missbrauch von Kindern, insofern war es folgerichtig, den Tatbestand von § 184 b StGB in diesem Kontext ebenfalls zu einer besonders schweren Straftat, einem Verbrechen, zu machen. Dies nun umzukehren, ist eine Verhöhnung der kindlichen Opfer, die ihr Leben lang unter den Folgen der Gewalttaten zu leiden haben. Eine Verminderung der Strafandrohung zeigt den Opfern schmerzlich auf, was sie unserer Justiz wert sind.

„Deshalb setzen wir darauf, dass der Bundestag diesem Kabinettsbeschluss nicht folgen wird“, so Rainer Becker.

 

Alternativer Vorschlag der DKH für Neuregelung im Strafgesetzbuch (StGB)

  • 184b Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

  1. einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
    1. sexuelle Handlungen, die strafbar im Sinne von § 176 StGB sind, von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
    2. die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung, sofern diese nicht Teil einer einvernehmlichen Kommunikation unter Kindern oder Jugendlichen ist oder
    3. die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes, sofern diese nicht Teil einer einvernehmlichen Kommunikation unter Kindern oder Jugendlichen ist
  2. es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt im obigen Sinne, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
  3. einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen im obigen Sinne wiedergibt, herstellt oder
  4. einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.

Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

  1. Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.
  2. Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
  3. Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.
  4. Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:
  1. staatlichen Aufgaben,
  2. Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
  3. dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

 

  1. Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

 

  1. die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
  2. die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

 

  1. Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

 

  1. Straffrei ist die Weiterleitung von kinderpornografischem Material zu Zwecken der Prävention im Rahmen der Wahrnehmung der Fürsorgepflicht gegenüber einem Kind oder Jugendlichen unter 18 Jahren im Sinne von § 171 dieses Gesetzes.

Der oben genannte Alternativ-Vorschlag ist weder final noch erhebt er den Anspruch, schon jetzt bestmöglich ausformuliert zu sein.

Es geht der Deutschen Kinderhilfe – Die ständige Kindervertretung e. V. bei beiden vorgelegten Vorschlägen vielmehr darum, die Diskussionen um Anpassung der Strafandrohung von § 184b StGB zu befördern und zu verhindern, dass ein weiteres Mal etwas in ein Gesetz gegossen wird, was zuvor noch nicht hinreichend ausdiskutiert worden ist.

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